Es ist Sommer und das Coronavirus hält sich so richtig schön zurück. Im Gegensatz zum letzten Winter und Frühling sind die Infektionszahlen so marginal, dass Deutschland tatsächlich endlich aufatmen kann. Es folgen also großflächige Lockerungen. Während wir im Dezember 2020 und im April 2021 mit gut 30.000 Neuinfektionen täglich rechnen konnten, sind es im August 2021 gerade einmal 5.000 Neuinfektionen am Tag. Die Gründe für die geringere Ansteckung sind mannigfaltig. Unter anderem liegt es an dem warmen Wetter und an der großflächigen Impfkampagne der Regierung.
Kamen die Lockerungen zu früh?
Nichtsdestotrotz können wir wieder einen Aufschwung in den Fallzahlen sehen. Die 7-Tages-Inzidenzen in Gesamtdeutschland ist bereits auf über 40 gestiegen (Stand 19.08.2021), während in Bereichen Deutschlands wie dem Berchtesgadener Land oder auch Wuppertal die Inzidenz bereits über 100 liegt.
Die Situation ist also noch stabil, doch sie könnte wieder kippen. Vor allem vor dem Hintergrund, dass die Delta-Variante auf der ganzen Welt ihr Unwesen treibt. Die Virusvariante ist gerade für Ungeimpfte, Kinder und Jugendliche besonders gefährlich sein, da diese keinen Schutz durch die Impfung haben. Das Magazin T-Online berichtet, dass Delta zu den sich am schnellsten verbreitenden und gleichzeitig ansteckendsten Virusvarianten zählt. Und dennoch wird weiterhin gelockert.
Und dennoch wird gelockert: Ist das eine gute Idee?
Die Menschen sind müde von Beschränkungen, Abstand und Langeweile. Und auch die Bundesregierung sieht wenig Grund dafür, weiterhin an den seit 1,5 Jahren bekannten Richtlinien festzuhalten. Diese Woche wurden deshalb viele Beschränkungen der letzten Monate aufgehoben. Doch wir müssen uns fragen: Ist das der richtige Weg?
Ein Beispiel: In Baden-Württemberg wurden Kontaktbeschränkungen und alle Regelungen für Veranstaltungen im Privaten aufgehoben. So können Hochzeiten, Geburtstage und alle anderen Feiern wieder ohne großen Aufwand stattfinden.
Nicht-Geimpfte oder -Genesene sind aber dazu angehalten, einen Antigen-Schnelltest mitzubringen, der nicht älter als 24 Stunden ist. In einer Disko oder einem Club reicht das nicht aus – hier muss ein PCR-Test her.
So weit gehen die Lockerungen dann doch nicht: Die Maskenpflicht gilt weiterhin in öffentlichen Gebäuden und im Nahverkehr. Bei privaten Veranstaltungen gilt zwar meist eine Pflicht, doch wird dieser nur sehr selten nachgekommen.
Weniger Corona – Heißt das mehr Büro?
Es scheint, dass wir das Coronavirus gerade besser unter Kontrolle haben. Die Betonung liegt hier auf „scheint“, denn wenn wir eines aus den letzten 1,5 Jahren gelernt haben, dann ist es, dass das Virus hartnäckiger ist als man meinen würde. Dennoch bestehen viele Arbeitgeber:innen bereits jetzt wieder darauf, die Angestellten wieder zurück ins Büro zu zitieren.
Viele Menschen arbeiten in einem Großraumbüro mit einer Menge Kolleg:innen auf engem Raum zusammen. Abgesehen davon, dass hier viele Menschen acht Stunden lang ohne Maske Aerosole verströmen, ist es auch sehr schwierig, im Büro etwaige Hygieneregeln einzuhalten. Oft steht nur eine Toilette für bis zu 50 Personen zur Verfügung.
Die Wirtschaftswoche erklärt, dass auch das Abstandhalten im Großraumbüro eigentlich gar nichts bringe, denn die Aerosole können sich innerhalb von Sekunden im gesamten Umkreis verteilen. So bewegen die Aerosole sich beispielsweise mit einer Geschwindigkeit von bis zu 30 oder 40 Zentimetern pro Sekunde. Da dauert es nicht sonderlich lange, bis sie bei der Sitznachbar:in angekommen sind.
Die neuen Lockerungen der Home Office- Pflicht sind verfrüht. Es sollte den Angestellten freigestellt werden, ob sie ins Büro kommen – je nachdem, wie sicher sie sich fühlen und nur, wenn sie geimpft, genesen oder getestet sind. Die Büros sollten selbstständig organisieren, dass die Räume nie vollbesetzt sind und dass sich die Kolleg:innen in den Office-Tagen abwechseln können.
Leben zurückholen ja, aber bitte mit Bedacht
Das öffentliche Leben weiterhin zurückzuhalten wäre eine zu große Belastung für die Bevölkerung, doch sollten alle Lockerungen mit Bedacht gewählt werden. Egal, ob sie von der Bundesregierung beschlossen werden oder von den Arbeitgeber:innen. Bei jeder neuen Lockerung sollten wir uns bewusst sein: Nicht jede:r hat bereits eine oder gar zwei Impfungen erhalten und viele Menschen haben kleine Kinder zuhause, die gar keinen Impfschutz erhalten. Außerdem gibt es immer und überall auch noch die Menschen, die große Angst vor dem Virus und seinen Varianten haben.
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