Während sich die Hinfahrt in die Stadt stundenlang zieht, scheint die Rückfahrt nach Hause wie im Fluge zu vergehen. Warum ist der Rückweg immer kürzer als der Hinweg? Lässt sich dieses psychologische Phänomen überhaupt wissenschaftlich erklären? Dazu gibt es drei verschiedenen Theorie.
Rückweg kürzer als Hinweg: Ein psychologischer Effekt
Als Rückreise-Effekt (englisch: Return Trip Effect) wird in der Psychologie das Phänomen bezeichnet, den Rückweg oft als kürzer zu empfinden als den Hinweg. Ist der Rückweg tatsächlich länger, da wir mitten im Berufsverkehr stehen oder wir eine andere Strecke nehmen, ist das nachvollziehbar. Doch viele Menschen empfinden die Rückfahrt als wesentlich kürzer, obwohl Hin- und Rückweg exakt gleich lang sind. Wie kann das erklärt werden?
1. Erklärung: Wir unterschätzen den Hinweg
Planst du eine neue Route, musst du erst einmal einschätzen, wie lange du für den Weg tatsächlich brauchst. Das gilt beim Fliegen, beim Autofahren, auf dem Fahrrad und auch zu Fuß. Vielleicht gehst du im Kopf alle Abläufe durch, schaust auf Google Maps nach oder gehst nach Gefühl. Getreu nach dem Motto: 10 Minuten werden schon reichen.
Doch sobald du das Haus verlässt, können unvorhergesehene Ereignisse passieren, die du nicht in die Wegzeit mit eingerechnet hast. Wir tendieren also dazu, die Dauer einer unbekannten Strecke als zu kurz einzuschätzen. Somit brauchen wir für den Hinweg mehr Zeit, als wir ursprünglich gedacht haben. Die Folge: Er erscheint uns wesentlich länger.
Durch die Erfahrung, die wir auf dem Hinweg bereits gesammelt haben, schätzen wir die Dauer des Rückweges nun viel präziser und realistischer ein. So erscheint uns der Rückweg kürzer als der Hinweg.
Hinweis: Der Rückreise-Effekt tritt allerdings auch dann ein, wenn eine andere Routine (mit gleicher Strecke) für den Rückweg gewählt wird. Demnach ist es nicht entscheidend, ob man den Weg bereits kennt oder nicht. Warum das so ist, bleibt bislang ungeklärt.
2. Erklärung: Vertraute Umgebung auf dem Rückweg
In einer Studie aus dem Jahr 2011 erklären Forschende, dass uns der Rückweg kürzer erscheint als der Hinweg, da wir unseren Wohnort und unsere gewohnte Umgebung bereits kennen. Der Rückweg ist uns also vertraut. Auf dem Hinweg hingegen durchqueren wir fremde Ortschaften und entdecken neue Dinge. Laut der Wissenschaft speichern wir überraschende und neuartige Impulse leichter im Gedächtnis ab als alles, was uns bekannt ist.
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3. Erklärung: Emotionen verzerren die Zeitwahrnehmung
Hinzu kommen Emotionen wie Freude, Spannung oder Neugier, die dazu führen, dass wir den Hinweg als langwieriger wahrnehmen. Das fand ein Forscherteam um Zoey Chen in einer Untersuchung 2020 heraus. Rückblickend fühlt es sich jedoch so an, als hätten all diese neuen Erlebnisse und Gefühle viel mehr Zeit in Anspruch genommen. Demnach glauben wir, der Hinweg sei länger gewesen als der Rückweg.
Rückweg kürzer als Hinweg – ein Trugschluss
Laut Spektrum ist keine der beiden Theorie hundertprozentig valide. Noch streitet die Wissenschaft darüber, in welchem Umfang die jeweiligen Überlegungen zum Tragen kommen. Fakt ist: Bewiesen ist die Theorie des Rückreise-Effekts noch nicht. Probiere doch mal bei deiner nächsten Reise aus, ob sich auch bei dir der Rückreise-Effekt zeigt. Wie lange auch immer es dauert – wir wünschen dir gute Fahrt!